Sehr geehrter Herr Kommissar Virginijus Sinkeviéius,
die EU-Kommission hat 21.02.2023 Vorschläge für eine nachhaltige Fischerei vorgelegt. U.a. schlägt sie einen Aktionsplan vor, der die Grundfischerei in allen bestehenden und neuen Meeresschutzgebieten bis 2030 schrittweise untersagen würde.

Dies hätte enorme Auswirkungen auf die Fischer und ihre Gemeinschaften, vor allem aber auf die Krabbenfischerei, die nicht nur ein wichtiger Wirtschaftszweig, sondern niedersächsisches Kulturgut ist. Dieser Sektor bietet wichtige Arbeitsplätze in den Küstengemeinden. Daher ist der sozialen Dimension der Krabbenfischerei besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Ein pauschales Verbot von Grundschleppnetzen in Schutzgebieten könnte das Aus für die niedersächsische Krabbenfischerei bedeuten.

Nachhaltige Fischerei ist ohne Frage wichtig, aber wir brauchen auch das richtige Augenmaß. Krabbenfischer nutzen ein anderes, den Meeresboden schonenderes Geschirr als die industrielle Großfischerei: So verwenden die niedersächsischen Krabbenfischereibetriebe Baumkurren, die im Durchschnitt aus 2 je 10 m breiten Oberrohren mit links und rechts 2 Schlitten bestehen. Diese sind ca. 25 cm breit und gleiten über den Wattenboden, ohne wesentlich in das Sediment einzudringen. Zwischen den Schlitten liegt die Rollenkette, so genannt, weil sie über den Boden rollt und dadurch minimal Bodensegment aufwirbelt. Sie bewirkt ausschließlich einen Wasserstau vor dem Netz, der die Krabben aufscheuchen und ins folgende Netz leiten soll.

Die niedersächsische Krabbenfischerei setzt bereits auf nachhaltige Fischfangmethoden. So wurde die Menge an Beifang durch den Einsatz von Netzen mit größeren Maschenweiten und Sieb- und Trichternetzen verringert. Zusätzlich werden die Krabben ausschließlich mit leichten Baumkurren ohne Ketten, welche relativ wenig Druck auf den Meeresboden ausüben, gefischt. Außerdem gehen die Krabbenfischer mit kleinen Kuttern (bis 300 PS) auf Fang, die innerhalb der 12-Seemeilen-Zone bleiben. Zudem hängen die Auswirkungen von GrundfischereiFanggeräten grundsätzlich von den Besonderheiten des Meeresbodens und der Störungsanfälligkeit seiner Lebewesen, dem Stil der Fischerei und ihrem Umfang ab. Der für die Krabbenfischerei genutzte Meeresboden, ist permanent Ebbe und Flut ausgesetzt, sodass er weniger fragil ist.

Unter der Berücksichtigung all dieser Faktoren und der wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung der traditionellen Krabbenfischerei, sollte hier eine Ausnahme gelten. Ich bitte Sie deshalb der besonderen Bedeutung der traditionellen Krabbenfischerei bei der konkreten Ausarbeitung der Vorschläge für nachhaltigere Fischerei gebührend Rechnung zu tragen.

Mit freundlichen Grüßen
Bernd Lange